Kindererziehung in der Familie stärken!
Sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Köhler,
dieser Tage haben Sie einen offenen Brief verschiedener Organisationen
erhalten, in dem Sie aufgefordert wurden, das Betreuungsgeld
nicht einzuführen und statt dessen die Mittel „auf
den quantitativen und qualitativen Ausbau der Kleinkindbetreuung
zu konzentrieren.“
Ich bitte Sie dagegen dringend, das Betreuungsgeld einzuführen
und derartig zu erweitern, daß es den Müttern möglich
wird - zumindest in den ersten Jahren und zusammen mit anderen
finanziellen Leistungen - das Kind zu Hause großzuziehen.
Alle Erkenntnisse der Forschung haben die Bedeutung der Mutter-Kind-Beziehung
in den ersten Lebensjahren betont.
In der Zeitschrift “Psychologie heute” (Nr. 10/2009)
war zum Beispiel ein Interview mit dem renommierten US-amerikanischen
Hirnforscher Allan Schore abgedruckt. Auf die Frage, was geschehe,
wenn die frühkindliche Bindung Mutter-Kind gestört
sei, antwortet er:
“Gerade im ersten Lebensjahr entsteht im Gehirn die
Myelinummantelung der Nervenfasern, einer Art Isolierschicht,
die für die Weiterleitung der elektrischen Impulse an
andere Nervenzellen sorgt. Und es findet auch jede Menge Synaptogenese
statt, also die Bildung neuer Nervenzellen an einer Synapse.
Wenn das Baby nun aber starken Stress erlebt, weil es oft
Angst hat oder alleingelassen wird, schüttet das kindliche
Hirn Stresshormone aus, die wiederum die Synaptogenese hemmen
und die Nervenbahnen innerhalb des limbischen Systems verengen.
Es sterben also viele Nervenzellen ab, obwohl sich das kindliche
Gehirn gerade in rasantem Wachstum befindet. Die traumatischen
Bindungserfahrungen werden dann regelrecht in die Schaltkreise
des Gehirns ‘eingebrannt’. Und natürlich
gehen diese Prägungen auch in das somatische und vegetative
Nervensystem über. Das Kind verfügt also nur noch
über eine rudimentäre Fähigkeit zur Stressregulation,
die es nun lebenslang beibehalten wird.
Und das ist keine gute Prognose, denn inzwischen wissen wir
ja, dass gerade die unzureichende Regulationsfähigkeit
von zwischenmenschlichem Stress kritisch für den Ausbruch
psychischer Krankheiten sein kann.”
Die Zunahme von Verhaltesstörungen bei Jugendlichen
könnte durch das Fehlen einer Bezugsperson in einer intakten
Familie begründet sein. Die häusliche Erziehung
ist wichtiger als diejenige in den Ganztagsbetreuungsstätten.
Hören wir auf die 25-jährigen Erfahrung der Schweden,
wo sich die Kindertagesstätten als großes soziales
und wirtschaftliches Desaster entpuppt haben. In den Schulen
herrscht Gewalt, Eltern und Lehrer werden bedroht, jedes dritte
schwedische Kind leidet an einer psychischen Störung.
Depressionen, Alkohol- und Drogenprobleme unter Jugendlichen
nehmen in beängstigender Weise zu. Jedes Jahr begehen
100 Kinder Selbstmord. Bekommen wir nicht auch schon bald
diese Verhältnisse in Deutschland?
Wenn Mütter in den ersten drei Lebensjahren ihrer Kinder
gezwungen sind, diese aus wirtschaftlichen Gründen in
fremde Hände zu geben, so ist das ein Armutszeugnis für
einen Sozialstaat. Nicht die Fremdbetreuung muß finanziert
werden, sondern die unvergleichlich wertvollere in der Familie.
Zudem müssen Mütter endlich einen Rentenanspruch
mit der Erziehungszeit erwerben.
Nach einer Umfrage des Allensbach-Institutes ist für
76 Prozent der Deutschen die Familie das Wichtigste im Leben.
Bitte stärken Sie die Familie! Ermöglichen Sie den
Müttern ihre wertvolle Beziehung zum Kind im eigenen
Heim zu erleben. Bauen Sie das Betreuungsgeld zu einem richtigen
Müttergehalt aus. Die Investition lohnt sich: Gesunde
Kinder und intakte Familien kosten dem Staat kein Geld und
sind die Grundpfeiler für Frieden und Wohlstand.
Mit freundlichen Grüßen
Heilwig Holland
Vorsitzende
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